In den USA tobt ein ausgewachsener Wintersturm der uns daran erinnert, dass wir a) eigentlich Winter haben und b) wir ein gutes Stück nördlich schon sind und auch eins auf die Mütze kriegen können. Durch den Sturm ein paar hundert Meilen weiter nördlich, wird sicher Wind und Schwell auf den BVIs anders verhalten als das sonst so üblich ist. Horrorstories machen die Runde unter den Seglern. Die Behörden von den BVIs schicken uns SMS, das „EXTREME Caution“ angesagt seien und wir „property and life“ schützen sollen. In der Reihenfolge. Also verlegen wir in eine Bucht, die guten Schutz verspricht. Der Wind ist eher moderat (25kn maximal, also nix was Angst macht), vom Schwell bekommen wir dank der Bucht nichts mit. Wir ahnen aber, dass es vor den Inseln ordentlich abgeht. Die Bucht ist voller Wracks von Irma und Maria. Perfekter Abenteuerspielplatz für die Kleinen und Großen. Die Schiffe liegen auf den Strand geschleudert und harren ihrer Verschrottung. Keines der Schiffe war versichert und keines lohnt sich zu reparieren. Die Eigner melden sich nicht (müssten ja die Bergung zahlen) und irgendwann werden die Wracks abgeholt und verschrottet. Bei der Menge Schiffe, die hier verloren gegangen sind, wird das wohl noch einige Zeit dauern. Wir klettern in die Schiffe rein und gucken uns in den gut erhaltenen Wracks um. Die Kinder spielen mit den aus den Küchen geschleuderten Herden am Strand Kochen und lassen ihrer Fantasie freien Lauf. An einem Nachmittag sammeln wir Treibholz zusammen und machen ein schönes Feuerchen am Strand. Stockbrot und ein paar Würstchen machen die Kids happy, die Erwachsenen freuen sich über Ti-Punch. Worüber sich keiner freut, sind die Sandfliegen. Diese Biester sind Stecknadelknopf groß und kaum zu sehen. Sie stechen aber wie ganz Große. Dummerweise kommen die dann auch gleich im Hunderterpack daher. Es fängt so an, dass alle in Bewegung bleiben, irgendwann rennen wir alle ums Feuer rum und schlagen auf unsere Arme und Beinen ein. Nachdem die letzte Wurst verschlungen ist, machen wir schnell das Feuer aus und flüchten auf die Boote.
Am nächsten Tag sind wir übersät mit hunderten (Kathi) und zig (Julia, Felix und Hannes) Stichen. Die Stiche sehen aus wie kleine Mückenstiche aber jucken wie Hölle. Und das auch noch tagelang. Fiese Viecher. Ankommen in den BVIs Wir kommen morgens einigermaßen ausgeruht auf Virgin Gorda an. Die Überfahrt war ohne viel Wind und Welle eine ziemlich angenehme Sache. Ich habe endlich mal wieder Zeit ein Buch zu lesen und ein paar Podcasts in Ruhe fertig zu hören. Ich mag die Nachtwachen. Keiner spricht mich an (Papa kannst du mir schnell...), ich kann meinen Gedanken nachhängen und hab Zeit für mich. Mit drei Kindern auf engem Raum zusammen, ist das der wahre Luxus. Wir werfen den Anker ins glasklare Wasser vor Spanish Town. Was für ein Unterschied zu St Martin. Unter dem Boot steht gleich ein fetter Barakuda der im Schatten von Luna auf Beute wartet.
Ich fahre mit dem Dingy auf den Strand hoch und latsche zum Einklarieren. Der Papierkrieg auf den BVIs ist definitiv ein sehr heißer. So viele Formulare, Durchschläge und Landing Cards wollte noch kein Land ausgefüllt haben. Nach 1,5 Stunden bin ich fertig und wir dürfen 2 Wochen bleiben. Jetzt darf auch der Rest der Crew an Land. Wir besuchen ein paar Läden, suchen den Strand nach Muscheln ab und gehen dann früh schlafen. Auf unserem Weg an der Antillenkette entlang nach Norden, fahren wir von Antigua nach St. Barts. Die Insel der Reichen macht es uns erstmal schwer hinzukommen. Der Wind bläst ordentlich und 2 Meter hoher Schwell von der Seite bescheren uns eine ungemütliche und nasse Nachtfahrt. Hier grüßt die Starkwindphase von den letzten Tagen. Morgens um 10 kommen wir dann gut durchgeschüttelt an und werfen den Anker im klaren Wasser. Wir fahren kurz rein in die Stadt aber irgendwie werden wir nicht warm mit dem Ort und der Insel. Ich bin noch so platt von der Nachtfahrt, dass ich auf der Parkbank in der prallen Mittagssonne im Sitzen einpenne. Wir beschließen, dass wir hier nicht heimisch werden, sondern das gute Wetter nutzen und weiter nach St. Martin fahren. 4 Stunden segeln. Wir gehen mit den Kids ins Bett und stellen uns den Wecker auf 3.30. Wir wollen zum Frühstück ankommen. Was für ein Unterschied zur Nachtfahrt davor. Angenehmer Wind und fast kein Schwell lassen uns pünktlich und entspannt zum Frühstück in St. Martin ankommen. St. Martin ist letzten September gleich von 2 Super-Hurrikanen überrollt worden. Irma und Maria. Auf der französischen Seite gehen die Aufräumarbeiten nur sehr langsam voran. Kaum ein Haus ist in Ordnung. Alles hat etwas Provisorisches. Schön geht anders. St. Martin war eine große Urlaubsdestination. Dem Massentourismus haben die beiden Damen Irma und Maria ein Riegel vorgeschoben. Die Strände bleiben leer. Der Flughafen ist immer noch nicht betretbar. Die Abfertigung findet in Zelten statt. Die Hotels liegen zerfetzt am Strand, die meisten Läden sind geschlossen. In der Mitte der Insel ist eine riesige Salzwasserlagune. Hier haben sich hunderte Schiffe verkrochen. Keines der Boote hat noch einen Mast, viele sind gesunken und liegen als Wracks herum. Die Werften und Marinas sind voller notdürftig geflickter Schiffe. Bagger zertrümmern Schiffe am Fließband, um Platz für Boote zu schaffen, die es sich lohnt zu reparieren. Über der Insel hängt eine dunkle Wolke. Die Stimmung schlägt sich auch auf uns nieder. Wir fühlen uns nicht wohl. Wir bleiben trotzdem: Wir hatten uns ein paar Wochen vor unserer Ankunft ein Paket auf die niederländische Seite schicken lassen. Nur bekommt es DHL leider nicht hin und schickt unser Paket in der Weltgeschichte herum - nur nicht zu uns. Nach 2 zähen Wochen des Wartens und Hoffens ist es immer noch nicht da und wir geben auf. Froh, endlich weiter zu fahren, segeln wir Abends bei Vollmond los zu den British Virgin Islands (BVIs). Felix hat es trotzdem gefallen. Der Flughafen hat es ihm schwer angetan. Hier fliegen die Flugzeuge super knapp über dem Strand ein. Wir haben das Gefühl, die Flieger anfassen zu können. Beim Start, steht man direkt hinter den Triebwerken. Wir haben die Wahl zwischen Zuschauen, wie der Sand ein paar hundert Meter aufs Meer geblasen wird oder von den Turbinen fönen lassen. Wir machen beides und haben einen riesen Spaß. |
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Juli 2019
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