Wir bleiben ein paar Tage in Toulon und genießen das süße Hafenleben, die fantastischen Supermärkte und das beschwingte Lebensgefühl der Cote d’Azur. Ein Mistral Sturm kommt vorbei und zeigt noch mal wo der Hammer hängt. Ich wache morgens von einem eigenartigen Pfeifen auf. Jeder der den Song Telegraph Road von den Dire Straits kennt, kann sich das Geräusch vorstellen. Ich denke daher auch, wer hört denn Dire Straits so laut im Hafen so früh am Morgen? Beim verpennten Blick durch die Luke über unserem Bett wird mir klar, das weder die Dire Straits ein Reunion Konzert um 6 Uhr morgens in Toulon abhalten als noch ein anderer Segler zu laut aufgedreht hat. Es ist der Wind, der sirrend und pfeifend durch die Takelagen der umliegenden Boote feuert. Nachdem der Telegraph Road Mistral sich nach Sizilien ausgeweht hat, begleichen wir schwer schluckend die Rechnung der Marina. Hier wird uns noch mal schmerzlich bewusst, dass das beschwingte Lebensgefühl der Cote d’Azur zu einem saftigen Preis daher kommt. Unser letzter Törn beginnt. Wir legen ab mit dem Ziel der Calonques kurz vor Marseille. Tief eingeschnittene Felsbuchten, die malerisch gelegen sein sollen, sauberes, klares Wasser perfekt zum Schwimmen. Danach wollen wir zu unserem Endhafen fahren. Luna kommt aus dem Wasser, Boot ausräumen, heimfahren, Luna verkaufen so lautet der Fahrplan. Mit dem letzten Büchsenlicht kommen wir in dem Gebiet der Calonques an. Doch oh Schreck, die erste Bucht ist gesperrt, die zweite besetzt, die dritte zu tief, die vierte zu eng für uns, die fünfte für den Schwell, der noch vom Mistral steht, offen und irgendwann ist es dunkel und wir haben noch keinen Platz zum Ankern. Also halten wir Kriegsrat. Wir einigen uns darauf, das es zwar fürchterlich unromantisch und nicht der Abschluss der Reise ist, den wir uns gewünscht haben, aber wohl das Beste ist, zu unserem Endhafen durch zu segeln. Die Kids sind ziemlich enttäuscht. Wir wollten alle noch mal ums Boot schwimmen, Beiboot fahren und so. Es hilft alles nicht. Kathi bringt die jammernden Kinder ins Bett und ich segle Luna durch die vielbefahrenen Gewässer rund um Marseille Unser Zielhafen heißt Port St Napoleon und liegt zwischen der Camargue und der der Cote d’Azur. Hier wollen wir unsere Luna an Land stellen. Der Hafen liegt etwas landeinwärts und ist mit einem ausgebaggerten, engen Fahrwasser ans Meer angeschlossen. Hier gibt es jeden Menge Schwerindustrie Anlage, Raffinerien und andere Hübschigkeiten. Die Rhone fließt hier auch ins Meer und damit ist auch ganz ordentlicher Verkehr in dem engen Fahrwasser. Gegen 2.00 wecke ich Kathi. Gegen die abertausenden Flutlichter der Industrieanlagen sind die Funzeln auf den vielen Seezeichen nur mit Mühe zu erkennen. Ständig donnern Fähren, Autofrachter, Tanker und andere Großschiffe an uns vorbei. Wir motoren am Rand des Fahrwassers und fahren Zickzack um die vor Anker liegenden Kolosse. Am Ende des Fahrwassers müssen wir über eine Abbiegung nach Links in den Hafen finden. Dummerweise rauscht genau in diesem Moment ein Tanker und sein Schlepper mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve und wir sehen für einige bange Minuten rot und grüne Positionslichter gleichzeitig, was immer bedeutet: Da fährt was auf uns zu. Wir schlagen einen Haken ins flache Fahrwasser und können den Kopf in den Nacken legen um einen Tanker mal aus der Nähe zu sehen und zu hören. Langweilig ist nachts segeln in solchen Gewässern nicht gerade. Um 3.15 legen wir ziemlich platt am Hafen an und sind zu müde zum Feiern. 2 Jahre und einige tausend Meilen liegen hinter uns. Es braucht tatsächlich einige Tage, um zu begreifen, dass wir es geschafft haben, uns getraut haben los zu fahren und auch wieder sicher und gesund zurück gekommen sind. 2 Tage später steht Luna an Land, Kathi fährt Kathi mit den Kids nach Hause um am nächsten Tag mit einem gemieteten Sprinter die 1200 km wieder zurück zu fahren. Wir schuften 7 Tage 16 Stunden, bis zur Erschöpfung. Dann ist Luna ausgeräumt, die Spuren der Reise beseitigt und Luna fertig für das nächste Abenteuer mit einem neuen Eigner. Mit einem hemmungslos überladenen Transporter kommen wir erschöpft in Erlangen an, räumen schnell alles in Lager und beziehen unsere Übergangswohnung. Kathi hat heute wieder angefangen zu arbeiten, bei mir geht’s in 4 Wochen los. Wir sind noch am verarbeiten und gedanklichen sortieren unserer Reise. Bei mir stellt sich jeden Tag ein bisschen mehr eine große Dankbarkeit ein. Was für ein Geschenk, so etwas machen zu dürfen. Mit all seinen Hochs und Tiefs. Zwei intensive Jahre als Familie. Eine Erinnerung fürs Leben.
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Juli 2019
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