Luna im Orkan Es ist nun Ende September und die Zeit ist gekommen langsam nach Sizilien aufzubrechen. Die Wettervorhersage war auch sehr vielversprechend, so dass wir schon über’s losfahren nachgedacht haben. Dann hat sich in Windy (unser Wettervorhersage Programm) so langsam ein kleiner und dann ein immer stärkerer werdender erster Herbststurm gezeigt. Als die Vorhersage dann fast 50 Knoten Wind in der Böe meldet, beschließen wir wieder zurück nach Kalamata zu fahren und das ganze sicher vertäut im Hafen abzuwarten. Schon bei der Ankunft weht es ordentlich und wir schaukeln zwischen den Wellenbrechern in die enge Hafeneinfahrt hinein. Ich bin sehr froh als alle Leinen festgemacht sind und wir unseren traditionellen Anleger (Saft und Nüsse) feiern. Die Wettervorhersage behält recht und der Wind pfeift uns zwei Tage ordentlich um die Ohren. In der Marina herrscht munteres Treiben, da viele Boote nur sehr lose befestigt sind. Kalamata ist bisher von schweren Stürmen verschont geblieben. Die Marineros flitzen also Tag und Nacht durch die Marina und kümmern sich um die Festmacher und Fender. Bis dahin ist bei uns alles sicher. Wir verlieren nur Felix’ Flip Flops, die der Wind ins Meer hinaus pustet. Was dann kommt, trifft uns heftiger als erwartet. Wir beobachten seit Tagen den Wirbelsturm, der zwischen Sizilien und Griechenland über das Mittelmeer wandert. Samstag Morgen ist es dann kein kleiner Wirbelsturm mehr, sondern ein ausgewachsener Wirbel, der immer näher auf den Peloponnes zukommt. Wir lernen, dass es ein sogenannter Medicane ist, das Äquivalent zu einem tropischen Hurricane. Griechenland hat mittlerweile den Katastrophenalarm ausgelöst. Kein Schiff darf mehr den Hafen verlassen. Alle Fähren stehen still und der Flugverkehr wird auch eingestellt. Die ersten Gebiete, in denen „Sorbas“ einschlägt werden am heftigsten getroffen - hier geht’s gleich in den Notstand über. Hier hat der Sturm noch seine volle Power. Wir sind in Kalamata immerhin hinter einem Bergrücken und hoffen auf die Wellenbrecher. Der Wind steht noch bei 40 Knoten (Windstärke 8). Alles ok, soweit. Die Wellen sind schon sehr amtlich draußen und ab und zu kommt Gischt über die hohen Wellenbrechern. Hannes geht schnell noch was einkaufen. Als er wieder vorm Boot steht, haben wir große Schwierigkeiten die Einkäufe und Hannes aufs Boot zu bekommen. Hannes springt vom Steg auf die Luna. Mitten im Flug macht Luna einen Bocksprung nach oben. Er reißt kurz vor seiner Landung die Knie hoch und kann gerade noch sicher landen. Danach ist an Boot verlassen gar nicht mehr zu denken. Der Wind nimmt immer mehr zu und wir messen 60 Knoten. Das ist Orkan. Der Wind kreischt in den Aufbauten, die Wellen donnern gegen die Wellenbrecher und unsere Leinen rucken und knarzen das einem Angst und Bange wird. Die Wellen drücken gewaltige Wassermassen in den Hafen, die dann ein paar Sekunden später wieder raus wollen. Dieser Sog der sich unter den Betonstegen, an denen wir festgemacht haben bildet, zieht alle Boote im Hafen wild hin und her. Wer hier reinfällt, hat schlechte Karten. Der Sog ist gewaltig. Das Leben an Bord wird ungewohnt anstrengend. Durch das heftige Geschaukel und Gerucke ist es kaum möglich sich auf den Beinen zu halten. Der Regen prasselt herab, wir können kein Fenster aufmachen, der Wind peitscht den Regen in alle offenen Fenster. Wir hatten Luna festgemacht wie in einem Spinnennetz. In alle Richtungen hatten wir Leinen gesetzt. Der Marinero hatte vor 2 Tagen noch gegrinst, ob der vielen Festmacher und Mooringleinen. Wir finden, viel hilft viel. Das Auge des Sturms zieht mit ein paar Kilometer Entfernung an uns vorbei. Gegen Abend hat der Spuk dann endlich ein Ende. Der Steg hinter uns ist beschädigt und bröckelt an allen Ecken und Enden. Wir sind glimpflich davon gekommen. Unsere Leinen sehen etwas dünner aus und haben ein paar Scheuerstellen.
Wir vermissen ein weiteres Schuhpaar von Felix, dass der Sturm an sich genommen hat. Am nächsten Morgen ist großes Aufräumen in der Marina angesagt. Wir laufen durch die vom Sturm gerupften Boote und finden doch tatsächlich Felix Schuhe wieder. In der Marina gab’s keine großen Schäden, was die rastlosen Marineros verhindert haben. Eine interessante Erfahrung, aber nichts was wir noch mal brauchen.
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Juli 2019
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