Seit wir wieder zurück sind, werden wir immer wieder auf unsere Reise angesprochen. Ich habe versucht, die wichtigsten Fragen und Antworten aufzuschreiben.
Seid ihr reich? Ja! Reich an tollen Erinnerungen. Wir sind leider nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden und für einen Banküberfall sind wir nicht mutig genug. Wenn wir uns in einer Schublade legen müssten, würde vermutlich „Angestellte, normale deutsche Mittelschicht“ darauf stehen. Also nix reich. Wie habt ihr das bezahlt? Was kostet so eine Reise? Um die Reise bezahlen zu können, haben wir jahrelang gespart. Also versucht mehr einzunehmen als auszugeben. Eine Reise mit Segelboot ist für viele ein erfüllbarer Traum. Es gibt zwei Kostenblöcke: Das Boot und das Leben auf dem Boot.
Warum habt ihr das gemacht? Als Familie 2 Jahre zusammen die Welt entdecken und Zeit zusammen zu verbringen, war unsere Idee. Das Leben im Leben wollten wir führen. Mit definiertem Start und auch wieder Endpunkt. Wir fühlen uns in Deutschland nach wie vor wohl und leben gerne in unserer Heimat. Der Plan war, unseren Kids zu zeigen, dass es woanders auch schön ist, wir zu Hause aber auch ein gutes Leben haben und dankbar sein können. Warum mit einem Segelboot? Den Gedanke unterwegs zu sein und trotzdem im eigenen Bett schlafen zu können, fanden wir bestechend. Die Kinder fanden eher den Aspekt Lego-kommt-mit nicht ganz ohne. All das geht mit einem Boot. Außerdem kommt man an Orte, die mit anderen Transportmitteln nur schwer zu erreichen sind. Wo war es am schönsten? Schwierige Frage: Wenn ich nur einen Ort nennen dürfte, wären das die Bahamas. Unglaublich klares Wasser (wir konnten im Mondlicht auf den Meeresgrund schauen), weiße Strände (da sieht der Bacardi Strand wie eine Bausandgrube dagegen aus), spannende Unterwasserwelt (Fische, Korallen, Wracks, Drogenflugzeuge) und tausende kleine Inseln zum Entdecken. Gute gefallen hat es uns aber an sehr vielen Plätzen. Spanien – beste Stimmung, Marokko – freundliche, ehrliche Menschen, Dominica - positivste Einstellung der Locals, Sint Maarten – toller Flughafen direkt am Strand, Dominikanische Republik – entspannte Einwohner, Azoren – grandiose Landschaft, Stromboli – ein spuckender Vulkan im Meer, unglaublich, Griechenland – viel Kultur nach all dem Strand, Sizilien – Essen & freundliche Locals. Was war das schönste Erlebnis? Kathi: Angeln auf dem Atlantik Hannes: Jedes Mal: Ankommen nach ein paar Tagen auf See Felix: Wale in der Dominikanischen Republik sehen Julia: Im Wasser planschen (überall) Jonathan: Beiboot fahren Was war euer schlimmstes Erlebnis? Mehrere Tage Flaute auf der Atlantik Überquerung! Der Atlantik war platt wie der Dechsendorfer Weiher und nix ging vorwärts. Das war im Dezember 2017 und dank der Flaute drohte ein Weihnachtsfest auf See. Da hing der Bootssegen ziemlich schief und eine Meuterei stand kurz bevor. Irgendwann hat sich Neptun ein Herz gefasst und wieder ordentlichen Passatwind geschickt. Dank Neptun kamen wir kurz vor Weihnachten in Martinique an und konnten karibische Weihnachten feiern. Da waren dann alle Strapazen ganz schnell vergessen. Wie alt sind eure Kids? Als wir los gefahren sind war Jonathan 7 Monate, Julia 3 Jahre und Felix 5 Jahre. War den Kindern langweilig auf den langen Strecken? Wie oft haben die Kinder „wann sind wir endlich da?“ gefragt Nein, den Kids war nicht langweilig. Wir hatten genug Spielsachen, Bücher und Lego dabei. Auf den langen Strecken haben wir immer geangelt, was für viel Spannung gesorgt hat. Die berüchtigte Frage nach dem Ankommen kam in zwei Jahren hauptsächlich an Land, wenn wir mal einen Mietwagen hatten - dann aber sehr regelmäßig. Hattet ihr nicht Angst um eure Kinder? Wir haben das Boot und uns sehr sorgfältig vorbereitet. Unsere Kinder waren auf See angeleint, hatten gute Rettungswesten an und wir hatten unser Boot eingezäunt mit einem Netz. Es gab auf See keine einzige Situation, wo wir Angst um die Kids hatten. Das Landleben mit den vielen Autos und Straßen erschien uns oft gefährlicher. Was war eure längste Zeit auf See? Die Atlantik Überquerung mit 24 Tagen ohne Land in Sicht. Habt ihr bei der Atlantiküberquerung dann abends auf dem Atlantik geankert? Nee, das geht nicht. Der Atlantik ist ja zum Teil viele tausend Meter tief. Da langt unsere Ankerkette bei weitem nicht. Wir sind Tag und Nacht gesegelt. Einer war immer wach und hat sich um das Boot, das Wetter und den Verkehr um uns herum gekümmert. Alle 3 Stunden war dann der andere dran. Wir waren überrascht, mit wie wenig Schlaf wir so auskommen - wenn's nicht anders geht;-). Wie war das als Familie 2 Jahre so eng zusammen zu sein? Toll! Endlich mal Zeit zu haben, war der ultimative Luxus. Die emotionalen Höhen und Tiefen sind allerdings auch höher (und damit auch tiefer) und liegen sehr viel enger beisammen. Unterm Strich haben die Höhen bei weitem überwogen. Trotzdem: Man muss sich schon sehr mögen, bei so einer Reise, aus dem Weg gehen ist nicht…. Habt ihr Piraten gesehen? Nein, glücklicherweise nicht. Wir haben alle Regionen gemieden, wo es diese sehr reale Gefahr gibt. Deshalb konnten wir auch nicht nach Venezuela, Brasilien und Teile von Afrika fahren. Habt ihr Haie gesehen? Oh ja, viele. Unter anderem auf dem Atlantik einen richtig großen. Er hat sich dann auch gleich den Fisch geschnappt, den wir gerade an der Angel hatten. Leider auch die Angel gleich mit. Wale? In der Dom. Rep und auf dem Atlantik. Tolle Tiere. Allerdings war der Skipper immer ganz froh, wenn sie nicht zu nahe gekommen sind. Auf einem Plastikboot (was die meisten Segelboote ja sind) einem Wale zu nahen zu kommen, war einer meiner persönlichen Horrorvorstellungen. Wie habt ihr das mit dem Angeln gemacht? Einfach eine Hochsee-Angelleine mit einem Köder hinter uns hergezogen. Auf dem Atlantik hatten wir fast täglich Fische dran. Oft so groß, dass wir es nicht geschafft haben die Viecher ins Boot zu ziehen bevor sie sich vom Haken losgemacht hatten. Unsere beiden Fischer waren Kathi und Felix. Hannes hat sich hier dezent zurück gehalten. Wie ist es wieder in Deutschland zu sein? Wir sind gerne zurück, schon wieder gut integriert und freuen uns wieder Familie und Freunde in der Nähe zu haben. Könnt ihr jemals wieder ins Arbeitsleben zurückfinden? Ja, das war nicht schwer. Wir sind ja nicht geflohen sondern nur für 2 Jahre weg gewesen. Im schönen November werden wir vielleicht schon ein paar Mal an die die sonnige Karibik denken. Was hättet ihr bei einem medizinischen Notfall gemacht? Wir waren auf so ziemlich jeden Notfall vorbereitet. Befreundete Ärzte haben uns intensiv beraten und uns lustige Sachen beigebracht, wie Infusionen legen und so. Wir hatten Berge von Medikamente dabei und Telefonnummern die wir im Notfall hätten anrufen können. Nur: So seine Reise ist eine ziemlich gesunde Sache. Wir hatten nur einmal eine tropische Hautkrankheit. So gesund waren wir noch nie! Sehr zu empfehlen. Seid ihr seekrank geworden? Die Damen des Bootes wurden manchmal grün um die Nase und haben auch ab und zu Neptun Opfer dargebracht. Wir Jungs waren erstaunlich seefest und hatten keine Probleme. Seekrankheit vergeht glücklicherweise nach 1-2 Tagen und es stellen sich die Seebeine ein. Doch bis dahin kann der Weg je nach Wetter und Wellengang steinig sein. Daher gut zu wissen, wie die Phasen der Seekrankheit verlaufen: 1) Du denkst du stirbst 2) Du willst nur noch sterben und die schlimmste Phase: 3) Du willst sterben und merkst: du wirst nicht sterben.
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Nachdem wir unser liebe Luna ausgeräumt und geputzt hatten, haben wir noch schnell ein kleines Video gedreht, wie sie nach unseren 2 Jahren jetzt wieder ausschaut. Viel Spaß beim Durchlaufen! Wir bleiben ein paar Tage in Toulon und genießen das süße Hafenleben, die fantastischen Supermärkte und das beschwingte Lebensgefühl der Cote d’Azur. Ein Mistral Sturm kommt vorbei und zeigt noch mal wo der Hammer hängt. Ich wache morgens von einem eigenartigen Pfeifen auf. Jeder der den Song Telegraph Road von den Dire Straits kennt, kann sich das Geräusch vorstellen. Ich denke daher auch, wer hört denn Dire Straits so laut im Hafen so früh am Morgen? Beim verpennten Blick durch die Luke über unserem Bett wird mir klar, das weder die Dire Straits ein Reunion Konzert um 6 Uhr morgens in Toulon abhalten als noch ein anderer Segler zu laut aufgedreht hat. Es ist der Wind, der sirrend und pfeifend durch die Takelagen der umliegenden Boote feuert. Nachdem der Telegraph Road Mistral sich nach Sizilien ausgeweht hat, begleichen wir schwer schluckend die Rechnung der Marina. Hier wird uns noch mal schmerzlich bewusst, dass das beschwingte Lebensgefühl der Cote d’Azur zu einem saftigen Preis daher kommt. Unser letzter Törn beginnt. Wir legen ab mit dem Ziel der Calonques kurz vor Marseille. Tief eingeschnittene Felsbuchten, die malerisch gelegen sein sollen, sauberes, klares Wasser perfekt zum Schwimmen. Danach wollen wir zu unserem Endhafen fahren. Luna kommt aus dem Wasser, Boot ausräumen, heimfahren, Luna verkaufen so lautet der Fahrplan. Mit dem letzten Büchsenlicht kommen wir in dem Gebiet der Calonques an. Doch oh Schreck, die erste Bucht ist gesperrt, die zweite besetzt, die dritte zu tief, die vierte zu eng für uns, die fünfte für den Schwell, der noch vom Mistral steht, offen und irgendwann ist es dunkel und wir haben noch keinen Platz zum Ankern. Also halten wir Kriegsrat. Wir einigen uns darauf, das es zwar fürchterlich unromantisch und nicht der Abschluss der Reise ist, den wir uns gewünscht haben, aber wohl das Beste ist, zu unserem Endhafen durch zu segeln. Die Kids sind ziemlich enttäuscht. Wir wollten alle noch mal ums Boot schwimmen, Beiboot fahren und so. Es hilft alles nicht. Kathi bringt die jammernden Kinder ins Bett und ich segle Luna durch die vielbefahrenen Gewässer rund um Marseille Unser Zielhafen heißt Port St Napoleon und liegt zwischen der Camargue und der der Cote d’Azur. Hier wollen wir unsere Luna an Land stellen. Der Hafen liegt etwas landeinwärts und ist mit einem ausgebaggerten, engen Fahrwasser ans Meer angeschlossen. Hier gibt es jeden Menge Schwerindustrie Anlage, Raffinerien und andere Hübschigkeiten. Die Rhone fließt hier auch ins Meer und damit ist auch ganz ordentlicher Verkehr in dem engen Fahrwasser. Gegen 2.00 wecke ich Kathi. Gegen die abertausenden Flutlichter der Industrieanlagen sind die Funzeln auf den vielen Seezeichen nur mit Mühe zu erkennen. Ständig donnern Fähren, Autofrachter, Tanker und andere Großschiffe an uns vorbei. Wir motoren am Rand des Fahrwassers und fahren Zickzack um die vor Anker liegenden Kolosse. Am Ende des Fahrwassers müssen wir über eine Abbiegung nach Links in den Hafen finden. Dummerweise rauscht genau in diesem Moment ein Tanker und sein Schlepper mit hoher Geschwindigkeit um die Kurve und wir sehen für einige bange Minuten rot und grüne Positionslichter gleichzeitig, was immer bedeutet: Da fährt was auf uns zu. Wir schlagen einen Haken ins flache Fahrwasser und können den Kopf in den Nacken legen um einen Tanker mal aus der Nähe zu sehen und zu hören. Langweilig ist nachts segeln in solchen Gewässern nicht gerade. Um 3.15 legen wir ziemlich platt am Hafen an und sind zu müde zum Feiern. 2 Jahre und einige tausend Meilen liegen hinter uns. Es braucht tatsächlich einige Tage, um zu begreifen, dass wir es geschafft haben, uns getraut haben los zu fahren und auch wieder sicher und gesund zurück gekommen sind. 2 Tage später steht Luna an Land, Kathi fährt Kathi mit den Kids nach Hause um am nächsten Tag mit einem gemieteten Sprinter die 1200 km wieder zurück zu fahren. Wir schuften 7 Tage 16 Stunden, bis zur Erschöpfung. Dann ist Luna ausgeräumt, die Spuren der Reise beseitigt und Luna fertig für das nächste Abenteuer mit einem neuen Eigner. Mit einem hemmungslos überladenen Transporter kommen wir erschöpft in Erlangen an, räumen schnell alles in Lager und beziehen unsere Übergangswohnung. Kathi hat heute wieder angefangen zu arbeiten, bei mir geht’s in 4 Wochen los. Wir sind noch am verarbeiten und gedanklichen sortieren unserer Reise. Bei mir stellt sich jeden Tag ein bisschen mehr eine große Dankbarkeit ein. Was für ein Geschenk, so etwas machen zu dürfen. Mit all seinen Hochs und Tiefs. Zwei intensive Jahre als Familie. Eine Erinnerung fürs Leben.
Kleine Rückblende in den März. Wir brauchen dringend etwas Wärme. Auch der sizilianische Winter wird uns langsam zu lang. Billig Airlines sei Dank fliegen wir für kleines Geld alle fünf nach Marokko. Hier hatte es uns 2017 mit der Luna so gut gefallen. Damals hatten wir es weder ins Atlas Gebirge noch in die Sahara geschafft. Das haben wir nun nachgeholt. Wir können nur sagen: Es lohnt sich. Seit zwei Tagen liegen wir im Hafen von Toulon. Der nächste Mistral wird ab morgen kräftig wehen. Wir haben die Zeit davor genutzt, um schon mal nach Frankreich zu segeln. Jetzt liegen wir sicher vertäut im Hafen und hoffen dennoch, dass der nächste Mistral etwas weniger Wind bringt als der Letzte. Toulon hat einen riesigen Hafen und ist der wichtigste Hafen der französischen Marine. Wir kommen Nachts an und brauchen fast eine Stunde bis wir durch den ganzen Hafen geschippert sind und am richtigen Platz festgemacht haben. Sehr zur Freude von Felix liegt schräg gegenüber ein Kriegsschiff auf dem fleißig gearbeitet wird. Da gibt es immer was zu entdecken und zu beobachten. Heute sind wir mit der Seilbahn auf den Mont Faron gefahren, einen der Hausberge Toulons. Neben dem sehr schönen Blick auf die Stadt und den Hafen ist auf dem Berg auch eine große Wildkatzen Aufzuchtsstation bzw. ein Zoo für Wildkatzen. Von der Seilbahn aus geht es eine halbe Stunde durch duftende Nadelwälder bis wir den Zoo erreichen. Schon hier gibt es eine Menge zu entdecken: Blumen, Zapfen, Tausendfüßler und sonstige Insekten und auch der starke Geruch nach Nadelwald ist etwas für unsere Sinne. Im Zoo gefällt dann den Kindern am besten das eine Gehege mit den Affen… Ja richtig, es gibt in dem Wildkatzen Zoo außer Wildkatzen noch ein Affengehege und ein paar Erdhörnchen und Wölfe. Die Wildkatzen lassen sich alle die warme Sonne auf die Bäuche scheinen. Es ist also nicht viel los in den Gehegen. Die Affen hingegen spielen fangen und jagen wild kreischend und turnend vor uns auf und ab. Wir beenden den Tag mit frischem Baguette und französischen Käsen und Pasteten. So kann man es wirklich gut aushalten.
Was für eine Nacht. Wir haben bei unserer Ankunft den Anker hier mit 3.000 Touren auf beiden Motoren eingefahren. Das ist gründlich. Der Boden hier ist sandig, aber sehr hart. Und viele Stellen sind mit Seegras bewachsen. Das ist kein optimaler Ankergrund, aber sollte schon halten. Also erst mal schnell Jacke an und an die Motoren. Der rechte Motor springt nicht an; Mist, gestern wollten wir noch den Tank aus unseren Kanistern auffüllen. Mhm, was man nicht sofort macht….Ein Katamaran hat ja zwei Motoren. Also schnell links anschmeißen, um das Boot zu stabilisieren… Zum Glück ist die Bucht groß und wir haben noch Platz. Trotzdem ist die Situation nicht gerade beruhigend. Wir können mit einem Motor das Driften stoppen. Rechts geht nach einer neuen Ladung Diesel auch wieder. Es ist schwierig das Boot in den Böen wirklich an Ort und Stelle zu halten. Wir holen den Anker hoch. Er ist voller Büschel von Seegras. Kein Wunder, dass er sich nicht mehr einbuddlen will. Hannes kratz befreit den Anker von den Gewächsen und wir werfen den Anker wieder auf 3 Meter Wassertiefe. Aber auch hier will der Anker nur pflügen und nicht halten. Verdammtes Seegras. Tagsüber sieht man ganz gut, wie der Boden aussieht. Wir werfen dann den Anker immer über sandigen Stellen. Nicht so mitten in der Nacht. Kein Mond, kein Stern spendet Licht. Wir müssen den Anker ins Wasser werfen und hoffen, dass es hier irgendwo Sandflecken inmitten der Seegraswiesen gibt. Beim dritten Anlauf ruckt der Anker ein und hält. Eine 35 Knoten Böe testet den Anker gleich. Inzwischen fängt es an langsam zu dämmern. Hannes steht immer noch auf dem Vordeck, ein Fuß auf der Ankerkette und versucht zu erspüren, ob der Schlammhaken nun an Ort und Stelle bleiben will. Die Füße sind barfuß und wechseln ihre Farbe von hautfarben zu weiß mit einem Stich ins Blaue. Joni und Julia wachen von dem Gerumpel der Kette und dem Motorengeräusch auf. Sie sehen uns von drinnen mit großen Augen an. Juli bemuttert Joni und beschäftigt ihn. Sie schnappt sich Papas Handy und gemeinsam machen sie über 100 Grimassen Selfies und haben großen Spaß. Wir sind total durchgefroren und brauchen fast eine Stunde bis uns wieder richtig warm ist. Für heute Nachmittag sind Böen bis 50kn angesagt also knapp 100 km/h. Wir sind gespannt, was der Tag noch so alles an Überraschungen bereit hält. Nach ein paar schönen Tagen in der Bucht von Spiaggia di Tuerredda haben wir gestern Nacht um 1 Uhr den Anker hochgezogen. Es sind zwei Tage Windstille vorhergesagt, die wir nutzen, um in den Norden von Sardinien zu kommen. Wir müssen ja gegen den vorherrschenden Wind anfahren und irgendwie bekommen wir nur 2 Optionen. Gegenwind (ganz schlecht) oder gar kein Wind. Ab Samstag ist wieder ordentlich Wind vorhergesagt. Bis zu 45 Knoten Mistral genau aus der Richtung in die wir wollen. Super. Daher sind wir ganz froh, dass sich mit der Windstille eine Gelegenheit ergeben hat, in den Norden zu kommen. Das mit der christlichen Seefahrt ist ja alles nicht so einfach, vor allem bei Windstille segeln ist besonders schwierig. Gut, dass wir unser Yanmar Segel haben. Das geht immer. Der Yanmar ist ein robuster kleiner Dieseln, der auch in Bagger und Baumaschinen eingebaut wird. Das Brummen begleitet uns seit gestern Nacht und wir haben uns schon alle an des Geräusch gewöhnt. Das Gute ist, wir können ohne Ende Wasser machen was auch noch heiß ist. Wir lassen die Waschmaschine rund um die Uhr laufen. Auch heiß duschen ist eine Wohltat nach einer langen Nachtwache. Wir stoppen noch kurz auf einer kleinen Insel mit Supermarkt. Schnell räumen wir den Laden leer, damit wir wieder ein paar Tage in der Wildnis was zu futtern haben. Dann legen wir ab und sind wieder auf See. Das Meer ist ruhig und wir genießen die Sonne und das wunderbare Blau, das uns umgibt. Wir beobachten riesige Schwärme an kleinen, blauen, segelnden Quallen, die wir seit Sizilien schon einige Male gesehen haben. Da müssen wir mal noch nachforschen, was das genau für Tierchen sind. Auf uns wartet eine ruhige Nacht auf See. Das heißt Wache halten, Lesen, Musik hören, Aufräumen und auch ein wenig einfach nur die Nacht auf See mit unzählig vielen Sternen zu genießen. Es ist gerade Neumond und dementsprechend viel ist am Firmament los. Wenn die See so glatt ist, sehen wir die Sterne wie sie sich im Wasser spiegeln. Das sind die magischen Momente der Reise. Eine Tasse heißer Tee in der einen Hand, Kopf in den Nacken legen und Gedanken auf Reise schicken. Ankunft ist morgen Mittag. Dann werden wir den Anker in den Sand rammen und uns auf den Mistral Sturm einstellen. Das sind dann die nicht so magischen Momente, wenn der Wind im Rigg heult.
Gute Nacht! Ganz schön ungewohnt wieder auf dem Wasser. Wir hatten uns daran gewöhnt immer eine feste Verbindung zum Land bzw. zum Steg zu haben. So waren wir doch wieder ein bisschen aufgeregt als wir die Leinen in Licata gelöst haben. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge haben wir von all unseren Freunden, die wir in Sizilien gewonnen haben, Abschied genommen. Wir werden die Zeit in Licata in sehr schöner Erinnerung behalten, besonders die Herzlichkeit der Sizilianer und das gute Essen. Felix hat bei der Ausfahrt aus dem Hafen kräftig in seine Bahamas Conch Muschel geblasen, so dass auch wirklich alle wussten, dass wir abfahren. Wieder auf dem Meer mussten wir dann erst mal alle schlafen, um wieder Seebeine zu bekommen. Ganz schön wackelig alles wenn man das ruhige Hafenwasser gewohnt ist. Da keiner lange unter Deck wollte (ausser Joni unser Leichtmatrose), haben wir also zwei Tage von Pestonudeln und Brot gelebt. Kulinarisch gegenüber Sizilien ein kleiner Abstieg :-) Kurz vor Sardinien sind wir dann von einigen großen Delfinen begrüßt worden, die uns eine Weile begleitet haben. In solchen magischen Momenten wird einem die Schönheit des Meeres immer besonders bewusst. Jetzt liegen wir an der Südspitze von Sardinien in einer kleinen Bucht und warten auf guten Wind. Das Ziel ist ja Frankreich und da müssen wir gegen den vorherrschenden Wind (Mistral) ansegeln. Jeder der schon mal den Mistral erlebt hat, weiß, dass dagegen anfahren keine so gute Idee ist. Also abwarten, Teetrinken und Bucht genießen. It’s a hard life :-).
Was haben wir die letzten Wochen so auf der Luna gemacht? Warum war es so still bei uns auf dem Blog? Bestimmt sind wir faul in der Sonne gelegen, haben uns den Bauch voll geschlagen und ab und zu ein Städtchen angeschaut. Genau so war das nicht. Seit Wochen haben wir mit Hochdruck am Boot gearbeitet und unsere Weiterfahrt vorbereitet. Wir haben geschliffen, lackiert, Motoren und Wassermacher gewartet, geschraubt, geputzt, poliert und genäht was das Zeug hielt. Letzte Woche war es dann endlich soweit und wir haben die Leinen in Sizilien gelöst um Richtung Sardinien zu fahren. Bis Mitte Mai wollen wir in Frankreich ankommen. Dort stellen wir unsere liebe Luna an Land und suchen ihr einen neuen Eigner. Wir kehren zurück nach Deutschland. Dann fängt für uns ein neuer, aufregender Abschnitt an. Felix geht zu Schule, Juli und Jonathan kommen in den Kindergarten. Erst mal gibt es aber noch ein paar Storys auf unserer Seite; noch ist die Reise ja nicht vorbei. Stay tuned. Wir sind nun 4 Monate auf Sizilien und haben uns gut eingelebt. Die Kids gehen vormittags in den Kindergarten und nachmittags entdecken wir Sizilien, basteln oder gehen an den Strand. Wir erleben, neben der rauen Schönheit dieser Insel auch jeden Tag aufs Neue, was für ein besonderer Menschenschlag hier unten lebt. Fast täglich sind wir gerührt von der Herzlichkeit der Sizilianer. Großzügige Einladungen (wie an Weihnachten zur Familienfeier), kurze Bekanntschaften im Cafe oder die unkomplizierte Hilfe bei Problemen. Neulich stand ich im Drogeriemarkt und wollte Windeln kaufen. Die passende Größe gab’s leider nicht. Die Eigentümerin des Shops hat schnell gemerkt, dass mein Trappattoni-Italienisch nur auf einen Deutschen zurückzuführen sein kann. Sie hat dann auf fehlerfreiem Deutsch sich mit mir unterhalten. Nach kurzer Beratung mit einer anderen Kundin, welcher Laden denn die richtigen Windeln haben könnte, hat sie zum Telefon gegriffen und bei dem örtlichen Supermarkt angerufen („der Marktleiter ist mein Cousin!“). Eben dieser Cousin ist dann schnell zum Regal geflitzt und hat nachgeschaut. Leider auch keine Windeln in der richtigen Größe im Laden. Die Kundin hat uns dann kurzerhand an die Hand genommen und mir erklärt, dass ich ihr doch hinterherfahren soll. Es gäbe da ein paar Straßen weiter noch einen anderen Laden. Am Laden angekommen, wurden wir dann in den Laden begleitet und nach einigem hin und her gab’s dann endlich die richtigen Windeln. Wir merken auch fast täglich, wie wichtig das Essen hier ist und wie viel Raum das im Leben einnimmt. Das zieht sich sogar bis zum Besuch im Krankenhaus durch Und das geht so: Joni hatte am Wochenende zwei Nächte 40°C Fieber. Dazu einen komisch klingenden Husten. Also hat uns ein Marinero mit dem Marina Auto ins Krankenhaus gefahren, da es keine Ambulanz für Kids am Wochenende gibt.
Im Krankenhaus konnte leider niemand Englisch. Dank Google Translator und meinem Hand & Fuß Germano-Italiano konnten wir uns verständigen. Der Arzt hat Joni untersucht und konnte nichts feststellen. Er hat uns wieder entlassen mit der ernsten Ermahnung, wieder zu kommen wenn das Fieber nicht runter geht. In Deutschland kommt dann danach der Satz, den alle Eltern kennen: Wenn das Kind aufhört zu trinken, ab zum Arzt. In Italien geht der Satz etwas anders: Wenn das Kind aufhört zu essen, ab zum Arzt. Essen ist eben sehr wichtig hier, wie unsere Freundin Maria danach lakonisch feststellte. Wir wünschen euch allen ein Gutes Neues Jahr! Am 1. Januar haben wir das neue Jahr am Strand begrüßt. Hier in Sizilien glaubt man, dass Baden gehen am 1. Januar Glück bringt. Da sind wir natürlich gleich hingegangen. Kathi, meine Schwester und Nici haben für unsere Familie sich todesmutig in die kalten Fluten geworfen. Luft und Wasser sind mittlerweile schon auch recht schattig geworden. War eher eine Erfrischung. Die Italiener wären keine Italiener, wenn auch dieses Event im Stil vollendet abläuft. Nach dem Bad, bekommt jeder Teilnehmer einen Bademantel geschenkt. Es stehen verschiedene Farben zur Auswahl und einer der Organisatoren teilt mit sicherem Blick für den jeweiligen Stil die richtige Farbe zu. Ein paar Tage später besuchen wir mal wieder das Tal der Tempel. Eigentlich aus meiner Sicht eher ein Hügel, auf dem teils gut erhaltene griechische Tempel stehen. In einem Nebenarm gibt es eine tolle Gartenanlagen mit voll Früchten berstenden Zitrusbäumen. Wir finden alle möglichen Mandarinen, Orangen, und Pampelmusenbäume. Die Früchte sind reif und wir probieren ein paar der heruntergefallenen Früchte. Zwei Tage später dreht das Wetter. Es wird kalt, stürmisch und gar nicht mehr gemütlich. Unsere beiden Webasto Heizungen müssen Tag und Nacht ran. Die Kinder machen mit meiner Schwester einen Ausflug ins Hinterland und werden von einem Schneesturm überrascht. Also nicht nur Schneechaos in Deutschland auch hier kann das passieren. Mittlerweile ist es wieder angenehm warm und die Sonne hat schon ordentlich Kraft.
Vorab: Hier alles gut. Der Etna ist weit weg. Wir bekommen nichts vom Aetna mit. Kein Rauch, keine Lava und auch keine Erdstöße. Am 25. Dezember sind wir von unseren sizilianischen Freunden für eine sizilianische Familienfeier adoptiert worden. Wir waren zur Magenweitung schon ein paar Tagen vorher zum Pizzaessen auf das Familienanwesen eingeladen. Zum Pizzaessen sind wir als normale Mitteleuropäer reinglaufen und als halb-italienische Fässer wieder rausgerollt. Man, war das lecker und viel. Beim Weihnachtsessen, ein paar Tage später, wussten wir also was kommt. Um 1300 hat uns Maria abgeholt. Bis 2000 haben wir geschlemmt und gebechert was das Zeug hält.
Wir haben neben der sehr herzlichen Familie auch eine wunderschöne Familienweihnachtstradition kennen lernen dürfen. Einfaches aber einfach gutes Essen. Viele Zutaten kamen aus dem Garten, vom Nachbarn oder hatten eine Geschichte. Alles mit viel Liebe und Spaß zubereitet. Uns hat besonders gefallen, dass es ein sehr interaktives Fest war. Es wurde an verschiedenen Stationen im und ums Haus herum gekocht, gegrillt, gebacken. Wir durften überall probieren und mitmachen. Hier ein paar Bilder von einem unvergesslichen Weihnachtsessen. Lange nichts geschrieben hier. In den letzten Wochen seit unser Ankunft in unserem Winterlager hier in Sizilien ist so viel passiert. Es gäbe so viel zu erzählen. Wie z.B. unsere Kids hier im italienischen Kindergarten aufblühen, wir stadtbekannt sind wegen unser blonden Kinder, wir Freundschaften mit den Locals schließen, die Kinder am Strand im Dezember baden gehen und vieles mehr. Wir sind mittlerweile richtig hier angekommen und fühlen uns pudelwohl. Nach 1,5 Jahren Reise und ständig wechselnden Orten, Menschen und Sprachen, für uns ein starker Kontrast mal für ein paar Monate an einem Ort zu sein. Was zu Hause Alltag hieß und manchmal langweilig und grau war, ist für uns jetzt wieder neu, frisch und aufregend. Die Sizilianer machen es uns sehr leicht sich wohl zu fühlen. Licata ist ein kleines, gänzlich untouristisches Städtchen. Ich könnte jetzt nicht von einer tollen Architektur oder sonstigen Sehenswürdigkeiten berichten. Was uns hier hält und gefällt sind die Locals. Die glänzen durch Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft und der unnachahmlichen italienischen Leichtigkeit. a Wie geht’s weiter? Luna hat am Unterwasserschiff schon ganz ordentlich Bewuchs gesammelt und ruckelt schon ab und zu an den Leinen. Wir werden hier jedoch noch ein paar Wochen bleiben und wenn’s Frühjahr wird, geht’s wieder los. Bis dahin genießen wir Sizilien und den Blick den wir hier hinter die Fassaden werfen dürfen. Mietwagen sind hier billiger als Busfahren. Wir haben daher meistens ein Mietwagen am Steg stehen und können für sehr kleines Geld unsere Heimat auf Zeit erkunden. Wir möchten uns bei euch, liebe Blogleser, ganz herzlich bedanken. Wir fühlen uns auch von euren vielen positiven Nachrichten, die wir von euch bekommen haben, getragen. Vielen Dank an die vielen Unterstützer unseres Projektes. Ihr habt vieles erst möglich, definitiv aber schöner und reicher gemacht. Egal ob ihr mit eurer tatkräftigen Hilfe, eurem Engagement, eurem Rat oder mit euren Besuchen (und damit den vielen Ersatzteilen im Gepäck) dabei gewesen seid, wir denken an euch und sind euch dankbar. Vielen Dank unsere Familien, die mit viel Verständnis und Vertrauen das wir das Richtige tun, uns den Mut gegeben haben, die Leinen zu lösen und los zu fahren. Dieses Jahr werden wir Weihnachten wieder unsere Plastiktanne aufspannen und hoffen, dass das Christkind die Abbiegung nach Sizilien findet. Euch allen eine Fröhliche Weihnacht und Gesundes Neues Jahr. Wir freuen uns von euch zu hören. Eure Luna Crew Nach vier Tagen auf dem Mittelmeer sind wir am Freitag gut aber etwas übermüdet in Licata, auf Sizilien angekommen. Wir hatten von Griechenland knapp 400sm zu segeln. Die Fahrt hatte noch mal alles zu bieten. Wir hatten Wind aus verschiedenen Richtungen, kleine bis recht große Welle, gigantische Gewitterfronten und einen blinden Passagier. olche Gewitter haben wir noch nirgends gesehen. Abends um 1900 ging’s los. Eine riesige Bank zog 40sm vor unserem Bug vor. Daraus kamen alle 5 Sekunden Blitze in allen Formen, Richtungen und Helligkeiten. Die Bank hat sich nicht nicht bewegt und wir sind langsam darauf zu gesegelt. Um 2.00 war sie immer noch da - heftig blitzend. Bis zum Morgengrauen ging’s munter weiter. Nur ist sie glücklicherweise Richtung Festland abgezogen. Am Morgen danach, kurz nachdem wir dann an Siziliens Küste entlang geschippert sind, kam die nächste Bank direkt vor uns in Bild. Diesmal näher und damit lauter. Auf dem Radar haben wir versucht herauszufinden, ob die Bank vor uns durch zieht. Dabei haben wir festgestellt, dass alle Tanker, Containerschiffe und sonstige Berufsschiffe abgedreht haben. Keiner der Profis hat sich getraut durch diese Front zu fahren. Das haben wir dann auch so gemacht. Das Gewitter ist laut rumpelnd an uns vorbei gezogen und hat uns verschont. Unser blinder Passagier hat uns 80 Meilen vor der Küste Siziliens entdeckt und nach zahlreichen missglückten Landeanflügen dann endlich ein sicheres Plätzchen bei uns auf dem Segelsack und später auf dem Dach des Salons gefunden. Zuvor hat er hartnäckig versucht auf der Saling zu landen und ist immer wieder nach kurzer Zeit abgestürzt - die Wellen und der schlechte Halt haben es scheinbar unmöglich gemacht dort zu sitzen. Wer weiß, was das für ein Vogel ist? Wir freuen uns über Meldungen und Kommentare :-) Nach einem halben Tag bei uns an Bord hat er dann das Weite gesucht. Es ist ein Containerschiff an uns vorbei gefahren, in dessen Richtung er sich davongemacht hat. Scheint für ihn attraktiver gewesen zu sein als unser kleines Schiffchen. Und wahrscheinlich ruhiger, weil nicht drei Kinder ihn die ganze Zeit quietschend beobachten. :-)
Licata liegt an der Südküste Siziliens und ist ein kleines Örtchen mit etwas morbidem Charme. Wir haben noch nicht sehr viel gesehen, aber sind begeistert von der Herzlichkeit der Sizilianer. Das liegt vor allem natürlich an unseren drei blonden Kindern. Wir fallen auf wie die bunten Hunde und werden ständig angesprochen, die Kinder angefasst oder gar abgebusselt. Die Zeit hier verspricht auf jeden Fall sehr schön zu werden. Vielleicht fragt Ihr euch ja, was wir die ganze Zeit zwischen Porto Heli und dem Medicane gemacht haben. Wir hatten Besuch von Julia und Bernd und haben die Finger der Peloponnes gemeinsam erkundet. Julia und Bernd hatten wir gesagt, dass wir zu den Inseln fahren werden. So war auch unser ursprünglicher Plan. Als sie dann angekommen waren, haben wir von unseren Planänderungen berichtet. Wir haben von einigen Leuten den Tipp bekommen, dass es auf der Peloponnes weitere wunderschöne Orte und Landschaften gibt. Es ist hier auch etwas ruhiger, da es kaum Charterboote gibt; die sind hauptsächlich auf den Inseln. Da es schon September war und die Zeit in Griechenland sich langsam dem Ende zuneigte, haben wir beschlossen, die Finger der Peloponnes entlang zu fahren. Julia und Bernd sind dankenswerter Weise sehr flexibel und freuen sich auch über die neuen Reisepläne. Neben weiteren schönen Stränden, warten nette Orte und tolle Berglandschaften auf uns. Wir ankern in Gerakas, einem Naturhafen mit großer Lagune. Dort gibt es ein kleines Fischerdorf mit ein paar Tavernen. Die Tavernenbesitzer haben eigene Fischerboote und bieten die frisch gefangenen Fische an. Wir probieren Oktopus und einige lokale Spezialitäten. Abends bei einem Bier stellen wir fest, dass hier ein netter Ort wäre um ein Buch zu schreiben. Monemvasia ist ein Ort ein Stück weiter mit einer kleinen Altstadt auf einem Felsen direkt an der Küste. Kleine, engen Strassen führen durch die Altstadt. Wir beobachten eine griechische Hochzeit. Während das Brautpaar in der Kirche gerade getraut wird, befindet sich ein Großteil der Hochzeitsgesellschaft in den umliegenden Cafés und genießt einen Drink. Wir kommen an weiteren kleinen Orten, schönen Buchten und rauen Berglandschaften vorbei. Es ist spannend, wie unterschiedlich die Vegetation der einzelnen Finger vom Boot aus doch aussieht. Während es rund um Porto Heli recht grün ist, wird die Landschaft Richtung Kalamata etwas rauer und auch trockener. Die Berghänge sehen dort eher braun als grün aus. Unter einem der Berge befindet sich eine große Tropfsteinhöhle, die wir per Boot erkunden. Die tollen Eindrücke in der Höhle werden ein wenig von wirklich unfreundlichen Angestellten überschattet. Der Herr, der uns durch die Höhle paddelt, hat es offensichtlich sehr eilig und auch Fragen stellen ist nicht erwünscht. Dennoch ist die Höhle auf jeden Fall einen Besuch wert gewesen. Und es bleibt auch das einzige Mal in Griechenland, dass wir solche Erfahrungen machen. In Kalamata gehen Julia und Bernd von Bord. Wir erkunden erst noch gemeinsam die Stadt. Während alle kleineren Städte zuvor wirklich sehr nett waren; gefällt uns das Stadtbild von Kalamata nicht ganz so gut. Nur der Bauernmarkt ist super. Wir kaufen große Mengen frisches Obst und Gemüse und natürlich einige Kalamata Oliven. Auch seglerisch hat sie Zeit einiges zu bieten. Von ruhigem Meer und motoren bis ordentlich Wind, Welle und schönes Segeln haben wir alles erlebt. Die Reise hat sich gelohnt; es war schön mit Julia und Bernd an Bord. Die beiden nehmen nicht nur neue Eindrücke mit nach Hause, sondern auch neue Spitznamen. Joni hat die beiden konsequent mit „der Mann“ und „die Frau“ angesprochen.
Einen Tag nach dem Medicane verlassen wir bei ruhiger See und wenig Wind den Hafen und segeln mit Unterstützung eines Motors nach Koroni. Ein nettes, kleines Örtchen am letzten Finger der Peloponnes. Von hier aus wollen wir morgen Früh Richtung Sizilien aufbrechen. Wir wandern durch die kleinen Strassen und erkunden eine alte, sehr verfallene Burg. Der gesamte Burghügel ist mit Olivenbäumen bewachsen und der Blick aufs Meer ist sehr schön. Felix und Julia erkunden vor allem die Schnecken und Tausendfüssler, die wir dort finden. Wieder zurück in der Stadt finden wir in einer engen Seitenstraße eine kleine unscheinbare Bäckerei. Die Bäckerin ist sofort begeistert, drei so blonde Kinder zu sehen. Sie holt den Bäcker, der sich Felix und Julia gleich schnappt und mitnimmt in die Backstube. Dort riechen die beiden sich durch alle Gewürze und Zutaten des Bäckers und dürfen allerhand befühlen und probieren. Danach wird der große Steinbackofen genau inspiziert und nacheinander alles rausgeholt und genau angeschaut, was dort gerade gebacken wird. Eigentlich wollten wir nur ein Brot kaufen; am Ende verlassen wir den Laden mit zwei Broten, süßem Gebäck und Käsestangen zur Brotzeit, weil alles so lecker aussieht. Ein sehr schöner Abschluss unseres Griechenland Aufenthaltes.
Luna im Orkan Es ist nun Ende September und die Zeit ist gekommen langsam nach Sizilien aufzubrechen. Die Wettervorhersage war auch sehr vielversprechend, so dass wir schon über’s losfahren nachgedacht haben. Dann hat sich in Windy (unser Wettervorhersage Programm) so langsam ein kleiner und dann ein immer stärkerer werdender erster Herbststurm gezeigt. Als die Vorhersage dann fast 50 Knoten Wind in der Böe meldet, beschließen wir wieder zurück nach Kalamata zu fahren und das ganze sicher vertäut im Hafen abzuwarten. Schon bei der Ankunft weht es ordentlich und wir schaukeln zwischen den Wellenbrechern in die enge Hafeneinfahrt hinein. Ich bin sehr froh als alle Leinen festgemacht sind und wir unseren traditionellen Anleger (Saft und Nüsse) feiern. Die Wettervorhersage behält recht und der Wind pfeift uns zwei Tage ordentlich um die Ohren. In der Marina herrscht munteres Treiben, da viele Boote nur sehr lose befestigt sind. Kalamata ist bisher von schweren Stürmen verschont geblieben. Die Marineros flitzen also Tag und Nacht durch die Marina und kümmern sich um die Festmacher und Fender. Bis dahin ist bei uns alles sicher. Wir verlieren nur Felix’ Flip Flops, die der Wind ins Meer hinaus pustet. Was dann kommt, trifft uns heftiger als erwartet. Wir beobachten seit Tagen den Wirbelsturm, der zwischen Sizilien und Griechenland über das Mittelmeer wandert. Samstag Morgen ist es dann kein kleiner Wirbelsturm mehr, sondern ein ausgewachsener Wirbel, der immer näher auf den Peloponnes zukommt. Wir lernen, dass es ein sogenannter Medicane ist, das Äquivalent zu einem tropischen Hurricane. Griechenland hat mittlerweile den Katastrophenalarm ausgelöst. Kein Schiff darf mehr den Hafen verlassen. Alle Fähren stehen still und der Flugverkehr wird auch eingestellt. Die ersten Gebiete, in denen „Sorbas“ einschlägt werden am heftigsten getroffen - hier geht’s gleich in den Notstand über. Hier hat der Sturm noch seine volle Power. Wir sind in Kalamata immerhin hinter einem Bergrücken und hoffen auf die Wellenbrecher. Der Wind steht noch bei 40 Knoten (Windstärke 8). Alles ok, soweit. Die Wellen sind schon sehr amtlich draußen und ab und zu kommt Gischt über die hohen Wellenbrechern. Hannes geht schnell noch was einkaufen. Als er wieder vorm Boot steht, haben wir große Schwierigkeiten die Einkäufe und Hannes aufs Boot zu bekommen. Hannes springt vom Steg auf die Luna. Mitten im Flug macht Luna einen Bocksprung nach oben. Er reißt kurz vor seiner Landung die Knie hoch und kann gerade noch sicher landen. Danach ist an Boot verlassen gar nicht mehr zu denken. Der Wind nimmt immer mehr zu und wir messen 60 Knoten. Das ist Orkan. Der Wind kreischt in den Aufbauten, die Wellen donnern gegen die Wellenbrecher und unsere Leinen rucken und knarzen das einem Angst und Bange wird. Die Wellen drücken gewaltige Wassermassen in den Hafen, die dann ein paar Sekunden später wieder raus wollen. Dieser Sog der sich unter den Betonstegen, an denen wir festgemacht haben bildet, zieht alle Boote im Hafen wild hin und her. Wer hier reinfällt, hat schlechte Karten. Der Sog ist gewaltig. Das Leben an Bord wird ungewohnt anstrengend. Durch das heftige Geschaukel und Gerucke ist es kaum möglich sich auf den Beinen zu halten. Der Regen prasselt herab, wir können kein Fenster aufmachen, der Wind peitscht den Regen in alle offenen Fenster. Wir hatten Luna festgemacht wie in einem Spinnennetz. In alle Richtungen hatten wir Leinen gesetzt. Der Marinero hatte vor 2 Tagen noch gegrinst, ob der vielen Festmacher und Mooringleinen. Wir finden, viel hilft viel. Das Auge des Sturms zieht mit ein paar Kilometer Entfernung an uns vorbei. Gegen Abend hat der Spuk dann endlich ein Ende. Der Steg hinter uns ist beschädigt und bröckelt an allen Ecken und Enden. Wir sind glimpflich davon gekommen. Unsere Leinen sehen etwas dünner aus und haben ein paar Scheuerstellen.
Wir vermissen ein weiteres Schuhpaar von Felix, dass der Sturm an sich genommen hat. Am nächsten Morgen ist großes Aufräumen in der Marina angesagt. Wir laufen durch die vom Sturm gerupften Boote und finden doch tatsächlich Felix Schuhe wieder. In der Marina gab’s keine großen Schäden, was die rastlosen Marineros verhindert haben. Eine interessante Erfahrung, aber nichts was wir noch mal brauchen. Die Buchten rund um Porto Heli kennen wir inzwischen sehr gut. Jetzt wollen wir das Land noch ein wenig erkunden. Mit unserem kleinen Mietwagen düsen wir erst mal nach Athen. Wir lesen im Internet, dass man einfach mitten ins Zentrum fahren soll und am Fuße der Akropolis kostenlos parken kann. Mit etwas mulmigen Gefühl nähern wir uns Athen. Wir vermuten viel Verkehr und chaotische Straßen. Ob es tatsächlich Parkplätze gibt, ist auch unklar. Es erweist sich alles als sehr einfach. Gemütlich stellen wir das Auto in der Nähe der Akropolis ab und machen uns auf den Weg. In der brütenden Mittagshitze besteigen wir die Akropolis. Die Kinder erfreuen sich vor allem an den tollen Kletterbäumen. Wir sind beeindruckt von der Größe der Gebäude und der Vorstellung, wie diese vor so langer Zeit entstanden sind. Nachdem wir ausgiebig alles erkundet haben, beschwert sich Felix lautstark, dass er nun endlich ins Museum möchte und sich dort alles ansehen möchte. So werden wir zum Gespräch einer deutschen Reisegruppe, die mit Ihrer Verwunderung darüber, dass ein Junge in Felix Alter ins Museum möchte, nicht hinterm Berg halten können. Das beste im Museum ist ein riesiger Nachbau der Akropolis aus Lego mit Szenen von damals und heute. Die Kinder wollen gar nicht mehr weg und alle anderen Exponate sind plötzlich vollkommen uninteressant. Auch das Amphitheater in Epidauros, das wir am nächsten Tag erkunden, ist sehr beeindruckend. Lässt man in der Mitte auf der Bühne eine Münze fallen oder klatscht man in die Hände, so ist es bis in die letzte Reihe klar und deutlich zu hören. Wir haben alle großen Spass beim Austesten.
Wir fahren weiter den Peloponnes entlang. Die Insel Poros ist unser nächstes Ziel. Eine schöne Insel mit einem kleinen Städtchen drauf und einer guten Fährverbindung nach Athen. Tobi und Anna müssen wieder nach Hause fliegen. Sie steigen hier in die Fähre. Joni steht winkend an der Reling und schreit „Dau Anna!“ als ihr Tragflächenboot an uns vorbei braust. Nach ein paar Tagen Poros zieht’s uns in einen Hafen, in dem wir ein paar Tage sicher liegen können und mit dem Auto auch einige Landausflüge machen können. Von einem früheren Trip kennen wir Porto Heli. Die perfekte Bucht für unser Vorhaben. Gut geschützt bei allen Winden, Supermarkt und Bäcker gegenüber und Autoverleiher vor Ort.
Zuerst verbringen wir aber in Porto Heli ein paar schöne Tage und lassen die Seele baumeln. Ella ist die letzten Tage an Bord und wir genießen das gemeinsame Planschen im Wasser. Das Wasser in Porto Heli ist nicht so klar und auch die Strände sind nicht so der Hit. 10 Minuten vor Porto Heli sind aber mehrere Buchten, die klares Wasser und schöne Strände haben. Wir ankern also morgens mit der Luna um und genießen die Tage. In Porto Heli gibt es auch einen Marine Laden, den wir fast täglich zwecks unseres Ersatzteils für den Außenborder besuchen. Der Eigentümer ist sehr nett und hilfsbereit. Nachdem er fast zwei Wochen sämtliche Großhändler und Yamaha Händler abgefahren und abtelefoniert hat findet er endlich das richtige Ersatzteil. Er ist überzeugt, dass es das letzte in ganz Griechenland ist. Hannes baut das Teil sofort ein und wir düsen erst einmal einige Runden durch die Bucht. Meine Eselei mit dem Außenborder ist endlich vorbei. Die nächsten Tage hangeln wir uns von Bucht zu Bucht. Wir genießen das einfache und beschauliche Leben in Griechenland. Die Orte vor denen wir ankern, haben meist ein paar Tavernen, Pensionen und Hotels und einen kleinen Supermarkt. Wir rudern fleißig und ich entwickle schon richtig Hornhaut an den Händen. Sehnsuchtsvoll schaue ich auf unseren Propellerlosen, treuen Außenborder. Ach, war das schön mit unserem Quirl am Heck durch die Buchten zu jagen. Das kleine Teil das uns fehlt, gibt’s gerade nicht zu kaufen. Unsere Kindern springen und baden im Wasser und bekommen langsam aber sicher Schwimmhäute zwischen den Fingern. Wir setzen Kurs auf eine der vielen kleinen Inseln im Golf vor Athen. Die perfekte Schönwetter-Bucht. Schmal und tief eingeschnitten, kuschelt sich Luna ans Ende der Bucht. Neben uns steile Berge und unter uns klares, türkises Wasser. Tobi will die Gunst der Stunde nutzen und Anna einen Antrag machen. Wir waren im Vorfeld schon eingeweiht und haben entsprechende Getränke besorgt, Tobi hat ein paar Faltsektgläser mit an Bord gebracht. Wir sitzen Abends zusammen mit Tobi, Anna und Ella im Cockpit und Tobi rutscht unruhig auf seinem Kissen hin und her. Irgendwann schnappt er sich die Petroleum Lampe und meint zu Anna „Komm wir gehen mal nach vorne“. Da hat er die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Da sagt Anna: „Ach nee, lass uns hier bleiben, ist doch gerade so nett“ dann ruft Ella, „Ich komm auch mit!“. Hm, schwierig. Geistesgegenwärtig sagt Kathi zu Ella: „Komm, Ella wir schauen uns noch das Bastelbuch von heute morgen an und Hannes kann schnell noch abspülen. Bevor Anna was sagen kann, sind wir alle drinnen und Tobi zieht Anna aufs Vordeck. 10 Minuten später sitzen wir wieder zusammen im Cockpit. Mit strahlenden Gesichtern, Sektgläsern in der Hand und einem Ring an Annas Finger.
Wir bleiben noch einen Tag in der Bucht. Ich versuche mein Ungeschick mit dem Prop des Außenborders mit der Tauchflasche ungeschehen zu machen, scheitere aber krachend an der Wassertiefe, Größe des Suchgebietes und letztlich am Füllstand der Tauchflasche. Die Wettervorhersage seuselt uns ins Ohr, dass es leichte, achterliche Winde Richtung Korinth geben soll. Dort wollen wir unsere Freunde Tobi und Anna aufgabeln und dann durch den Kanal von Korinth fahren. Leichte, achterliche Winde? Genau unser Ding. Wir entscheiden uns Abends - wenn die Kids schlafen - los zufahren und Mittags anzukommen. Spätestens als wir die Bucht verlassen, merken wir, dass bei der Vorhersage was nicht stimmt. Der Wind kommt von vorne und leicht ist er auch nicht. Wir kreuzen gegen den Wind. Der wird immer kräftiger und es beginnt nicht ein lauer-Abend-Törn zu werden, sondern es sieht eher nach stark-Wind-von-Vorne-und-Gischt-kommt-über aus. Luna kämpft sich die ganz Nacht tapfer voran. Der Wind dreht alle paar Stunden, so dass wir kurz tatsächlich achterliche Winde haben. Ich checke in meiner Wache regelmäßig unsere treue Wetter Website windy.com. Dort glauben die Meterolgen immer noch an leichte Winde aus der richtigen Richtung. Am Morgen stehen wir dann kurz vor Korinth und bekommen es noch mal richtig ab. Der Windanzeiger geht Richtung 30 Knoten später auch auf 40 knoten - Windstärke 8 immerhin. Mittags kommen wir dann etwas zerzaust in dem Hafen an. Wir alle freuen uns auf einen schönen Anleger (kaltes Getränk und ein paar Knabbersachen) und eine ruhige Nacht ohne Wind und Welle. Bei der Einfahrt in den Hafen rutscht uns das Herz in die Hose. Die paar Boote, die an der rauen Betonwand liegen, machen Bewegungen wie Schaukelpferde. Der Wind schickt seine Welle um die Kurve ins Hafenbecken rein. Es gibt keine ordentlichen Poller zum festmachen. Der Hafen ist verlassen und vergessen. Alles ist kaputt. In unserer Verzweiflung zimmern wir unsere Luna in eine Lücke rein und benutzen unsere längsten Leinen, um an obskuren Strukturen im Hafen festzumachen. Ich traue mich nicht mehr an Bord, so heftig wird Luna immer wieder an die Wand geworfen. Noch halten unsere Fender Luna von der rauen Betonwand ab. Nach ein paar Minuten, legen wir wieder hastig ab. Das ist uns zu heiß hier. Anna und Tobi sitzen noch im Bus und sind erst in einer Stunde in Korinth. Da bleiben wir lieber noch auf See. Wir fahren draußen hin und her und warten auf bessere Zeiten. Als die beiden im Hafen sind, erklären wir ihnen per Handy was sie tun müssen. Kathi fährt nahe an die raue Hafenwand ran. Ich springe mit einem Seil in der Hand über, drücke es Tobi in die Hand („mach’s irgendwo fest!“) und schiebe die verdutze Anna auf die Luna. Dann husch, husch noch die Taschen und Tüten über die Reling geworfen, Tobi mit samt der Leine eingesackt und zurück auf See. Vielleicht nicht der entspannteste Start in ihren Urlaub aber anders ging’s einfach nicht. Wir melden uns beim Kanal von Korinth per Funk an und bitten um Durchfahrtserlaubnis. Der Controller hat Mitleid mit uns und lässt uns im inneren Hafenbecken warten. Hier steht zwar immer noch ein sehr amtlicher Wind aber dafür keine Welle mehr. Endlich kommen wir zu unserem Anleger (heilige Tradition auf der Luna) und können Hallo zu unseren Besuchern sagen. Eine erholsame Stunde später, bekommen wir per Funk Anweisung, hinter einem Passagierschiff in den Kanal einzufahren. Der Kanal von Korinth ist ein weiterer Ort von dem wir immer geträumt haben. Er ist nur 25 Meter breit und ist tief in den Stein gehauen. Wir müssen den Kopf in den Nacken legen, um den Himmel über uns zu sehen. Hier unten herrscht eine angenehme Kühle und der Wind ist weg. Die Kinder holen ihre Trompeten-Conch raus uns testen die Akustik. Wild trötend fahren wir so dahin. Ein toller Ort und definitiv ein Erlebnis hier durchfahren zu dürfen. Nach 20 Minuten sind wir auf der anderen Seite des Peloponnes und ankern neben der Einfahrt. Auf der Seite weht kein Lüftchen und wir fallen wie die Toten in die Kojen.
Wir verlassen das erstaunlich coole Patras. Der Crew verlangt es nach Bademöglichkeiten. Also fahren wir zur nächsten Stadt, die eine Bucht hat und ankern. Die Stadt hat wenig mit Tourismus am Hut, entsprechend entspannt geht es zu. Die Kinder genießen das Baden. Wir lassen hier die Seele ein paar Tage baumeln und ich begehe einer große Eselei. Unser Außenborder performt seit den Bermudas nicht mehr so richtig. Das bringt in mir eine ganz ehrgeizige Saite zum klingen. Also schraube ich den Vergaser raus, reinige ihn gründlich und stelle ihn neu ein. Dann optimiere ich noch hier und da herum. Und tatsächlich: unser treuer Quirl spring prompt an und fährt wieder wie in den guten alten Zeiten. Mein technisches Selbstbewusstsein steigt ins Unermessliche. Wir hatten auf der Atlantiküberquerung auf den Bermudas einen alten Außenborder im Schrott gefunden und um den besseren und schnelleren Propeller erleichtert. Auf den Bermudas wollte unser Außenborder aber nicht so recht mit der neuen, schnellen Schraube drehen.
Dank meines neuen Selbstbewusstsein, schraube ich - wild entschlossen - den neuen Prop wieder dran. Im meinem Eifer sichere ich die Schraube nur lauwarm („nur mal kurz ausprobieren. Dann kommt der alte Prop eh wieder dran“). Das Ende vom Lied: Ich sitze im Beiboot gebe Gas und Huiiiiiii ist der Prop samt Mutter und Abstandsscheibe im trüben, 10m tiefen Wasser weg. Klasse. Jetzt haben wir keinen AB für absehbare Zeit mehr. Alle Läden in Griechenland haben die nächsten 3 Wochen zu („Sommerpause“), die so was haben könnten. Und die Abstandsscheibe kostet auch nur 54 Eur. Na dann. Row, row the boat ist jetzt wohl mein neues Thema. Nach der Aufregung in der Straße von Messina erwartet uns bleiernde Flaute an der Südküste von Italien. Wir schmeißen mal wieder den Motor an und tuckern langsam Richtung Griechenland. Erst kurz vor den ersten griechischen Inseln fängt der Wind an richtig Gas zu geben. Wir fahren stark gerefft mit 7 Knoten durch die Düsen, die sich zwischen den Inseln bilden, hindurch. Wir fahren im Morgengrauen an unzähligen Fischerbooten entlang den Golf von Patras hoch. Nach 2 Tagen und 2 Nächten kommen wir in Patras an. Die Marina, die wir aufsuchen wollen, ist durch einen Frühlingssturm zerstört worden. Der Hafenmeister winkt schon von Weitem und schickt uns bedauernd in den Stadthafen. Hier liegen wir mitten im Hafenbecken neben Schleppern und Fähren etwas unruhig aber dafür maximal zentral. Ella, die Cousine von Felix, Juli und Joni, hat sich angekündigt. Sie macht mit ihrer Familie in der Nähe Urlaub und will mit uns zusammen den Peloponnes umsegeln. Die Kids fiebern schon seit Wochen auf Ellas’ Besuch hin. Am Nachmittag steigt Ella endlich aus dem Bus aus und bei uns auf die Luna. Griechenland ist zwar der Teil der EU aber behält sich ein paar Extralocken für Segler vor. Wir müssen ein Crusing Permit kaufen. Alles soweit kein Problem. Ich düse um 16.00 los und frage mich bis zur Hafenpolizei durch. Dort angekommen werde ich zum neuen Hafen geschickt nur 6km weiter weg. Also schwinge ich mich auf unseren Bordtretroller und fahre zum neuen Hafen. Dort schaut mich der Hafenpolizist von uns bis oben an, wie ich verschwitzt mit Roller und Rucksack ankomme und fragt, was ich denn wohl hier von ihm möchte. Ich erkläre wortreich um was es geht. Er taut auf und führt mich zu seinen Kollegen. Dort werde ich ausgefragt, woher wir kommen und was wir hinwollen. Ich erzähle von unserer Reise, zeige Fotos von unseren blonden Kindern und erkläre, warum wir extra aus der Karibik ins Mittelmeer und speziell nach Griechenland gesegelt sind. Mittlerweile werde ich von einer Schar Küstenwächter umringt, die begeistert zuhören. Leider können mir die Jungs nicht helfen. Es wird hin und her telefoniert, was am besten zu machen sei. Nach einer halben Stunde, schüttel ich zum Abschied der halben Wache die Hände und bekomme eine Polizeieskorte zur Seite gestellt. Das erste mal im Leben sitze ich in einem Streifenwagen und werde kreuz und quer durch die Stadt gefahren. Die Beamten sind sehr nett und fragen mir wieder Löcher in den Bauch zu unserer Reise. Sie stellen mir den richtigen Beamten vor. Der erklärt mir, wie ich zu dem Crusing Permit komme. Dafür muss man auf einer griechischen Website seine Daten und die Iban eingeben. Man bekommt eine Email die man ausdruckt und zur nächsten Bank trägt. Dort zahlt man 50 Euro ein und geht mit dem Beleg wieder zu dem netten Küstenwächter. Leider haben alle Banken zu, so dass ich am nächsten Tag noch mal das Spiel von vorne starten. Als das Bezahlen am nächsten Tag erledigt ist, sitze ich nochmal 1,5 Stunde bei den Küstenwächtern bis alles kopiert, gestempelt, unterschrieben und von mir verstanden ist. Das ist definitiv das aufwändigste Verfahren, das wir bisher über uns ergehen lassen mussten. Trotzdem, war es eine lustige Erfahrung und alle waren ausgesprochen höflich und nett. Nachdem wir nun legal in Griechenland sind, feiern wir unsere Ankunft in Patras Downtown mit einem griechischen Mittagessen und schlendern durch die quirlige Innenstadt.
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Juli 2019
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